Fische

Vertreter der Fische bilden in Fließgewässern häufig die obere Ebene des aquatischen Nahrungsnetzes. Infolge dessen reagiert die Qualitätskomponente Fischfauna auch empfindlich auf Schad- und Nährstoffe innerhalb des Ökosystems. In den Oberläufen steht die Bachforelle an der Spitze des Nahrungsnetzes (Abb. 1). Im Unterlauf der großen Flüsse sind es eher die Raubfische Hecht, Wels und Rapfen. Viele Fischarten benötigen im Verlauf ihres Lebenszyklus zudem Habitate mit unterschiedlichsten Umweltbedingungen. Ein prominentes Beispiel hierfür ist der Atlantische Lachs (Salmo salar), welcher im Salzwasser heranwächst, dessen Fortpflanzungshabitate jedoch im Mittel- bis Oberlauf der Fließgewässer zu finden sind.

Der Lebensraum Fließgewässer ist durch ständige Veränderungen geprägt. Neben lokalen Änderungen zum Beispiel der Abflusssituation, des Gewässerverlaufes oder der Wassertemperatur, unterscheiden sich die Umweltbedingungen im Ober-, Mittel und Unterlauf erheblich. Die meist gefällereichen Oberläufe, vor allem in den Mittelgebirgen, sind durch hohe Fließgeschwindigkeiten, niedrigere Jahresmitteltemperaturen und grobes Sohlsubstrat geprägt. Richtung Unterlauf verringert sich die Strömung, die Jahresmitteltemperaturen steigen und feiner Kies sowie Sande bestimmen zunehmend die Gewässersohle. Aufgrund der gerichteten Änderung der Habitatbedingungen im Längsverlauf der Fließgewässer, wechseln die Besiedlungsschwerpunkte der Fischarten. Es lassen sich typische Fischlebensgemeinschaften beschreiben, die zur Abgrenzung von Fischregionen genutzt werden.

  1. Obere Forellenregion
  2. Untere Forellenregion
  3. Äschenregion
  4. Barbenregion
  5. Brachsenregion
  6. Kaulbarsch-Flunderregion

Neben den namensgebenden Arten umfassen die Lebensgemeinschaften stets weitere typische Fischarten, deren Anzahl und damit die Komplexität der Fischlebensgemeinschaft vom Ober- zum Unterlauf zunimmt.

Abb. 1: Bachforelle, typische Fischart der Fließgewässeroberläufe, die häufig die obere Ebene des Nahrungsnetzes bildet.


Viele Flussfische sind, wenn auch nicht so drastisch, auf zyklische Wechsel zwischen Teillebensräumen angewiesen, um alle im Verlauf ihrer Entwicklung erforderlichen Habitate zu erreichen. Aus diesem Grund reagieren Fische sehr sensibel auf Unterbrechungen des Fließgewässerkontinuums (ökologische Durchgängigkeit) infolge menschlicher Eingriffe. Hierzu gehören Querverbauungen, wie Wehre und Staue, aber auch Wasserentnahmen sowie thermische oder chemische Belastungen innerhalb ihrer natürlichen Wanderwege.

Der hohe Anspruch an die Habitatvielfalt lässt die Fischfauna zudem sensibel auf die Degradation der Gewässermorphologie, einschließlich des Eintrags von Feinsedimenten, und die Belastung durch organische Stoffe reagieren. Insbesondere auf eine mangelnde Sauerstoffverfügbarkeit im Kieslückensystem der Gewässersohle reagieren kieslaichende Fischarten sehr sensitiv.

Die Fischfauna ist bei der Fließgewässerbewertung die Qualitätskomponente, welche folgendes Spektrum an Belastungsfaktoren (Stressoren) indiziert:

  • Degradation der Gewässermorphologie, inkl. Feinsedimenteintrag
  • Trophische Belastung
  • Schadstoffbelastung
  • Versauerung
  • Ökologische Durchgängigkeit

Die Fischfauna kann durch bestimmte menschliche Nutzungen (wie z. B. Besatz, Entnahme), sowie an Land lebende Räuber in erheblichem Maße beeinflusst sein. Diese Aspekte sind bei der Interpretation der Bewertungsergebnisse zu berücksichtigen. Die Ergebnisse sind daher stets einer sorgfältigen Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. In begründeten Fällen kann eine Korrektur des Bewertungsergebnisses durch den bewertenden Experten erforderlich sein.

Zur Bewertung der Fischfauna gemäß WRRL steht für die Fließgewässer das fischbasierte Bewertungssystem fiBS zur Verfügung, das hier im Folgenden beschrieben wird. In den nicht tideoffenen Marschengewässern kommen die Verfahren fiBS und MGFI (Marschengewässer Fisch-Index) und in den tideoffenen Marschengewässern die Verfahren fiBS und FAT-FW (Fishbased Assessment Tool – Estuarine FreshWater: Beschreibung hier) zur Anwendung.

Die Verfahren umfassen:

  • Methodische Empfehlungen für die Entwicklung regional angepasster Referenzzustände für den sehr guten ökologischen Zustand bzw. das höchste ökologische Potenzial
  • Methodische Empfehlungen für eine standardisierte Probenahme und Datenaufbereitung
  • Entwicklung eines Bewertungssystems
  • z. T. Bereitstellung einer Bewertungssoftware

Die Bewertung der Qualitätskomponente Fischfauna erfolgt anhand der Abweichung der aktuellen Fischfauna von einem den sehr guten ökologischen Zustand bzw. das höchste ökologische Potenzial repräsentierenden Referenzzustand.


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