Bewertung ökologischer Zustand

Bewertung ökologischer Zustand gemäß fiBS

Fischfaunistische Referenzzustände

Die lokalen Besonderheiten der fischfaunistischen Besiedlung führten dazu, dass die Erarbeitung der Referenzzönosen für die Bewertung der Fische gemäß WRRL von den deutschen Bundesländern unabhängig, aber nach einer einheitlichen Verfahrensempfehlung des „Handbuch zu fiBS“ (Dußling 2009), erfolgten. Im Ergebnis entstanden fischfaunistische Referenzen für Gewässer und Gewässerabschnitte in unterschiedlicher räumlicher Auflösung.

Die Ableitung der Referenzzönose im sehr guten ökologischen Zustand bzw. höchsten Potenzial erfolgt in drei Schritten.

  1. Festlegung des Fischarteninventars
  2. Zuordnung der relativen Abundanz der Arten entsprechend der zu erwartenden Individuen-Häufigkeit
  3. Anpassung der artspezifischen relativen Abundanz zur Gewährleistung einer Gesamtsumme von 100 %

Unter Berücksichtigung der relativen Abundanz werden drei Gruppen differenziert, denen eine unterschiedliche Bedeutung innerhalb der Bewertung zukommt.

1. Typspezifische Arten – Dominanzanteil ≥ 1 %
Die Arten sind in der Referenz-Fischzöne mit einem Anteil ≥ 1 % vertreten.
Sie sollten in ausreichender Häufigkeit vertreten sein, so dass sie im sehr guten ökologischen Zustand bzw. höchsten Potenzial bei einer repräsentativen Probenahme alle nachweisbar sind.

2. Leitarten – Dominanz ≥ 5 %
Teilmenge der typspezifischen Arten, die in der Referenz-Fischzöne mit einem Anteil ≥ 5 % vertreten sind.
Als Leitarten werden die Arten bezeichnet, die an die Bedingungen des betreffenden Fließgewässerabschnitts angepasst sind und zu den am häufigsten zu erwartenden Fischarten gehören. Im sehr guten ökologischen Zustand bzw. höchsten Potenzial sollten diese Arten in einer repräsentativen Probenahme vollständig und mit referenzähnlichen relativen Abundanzen vertreten sein.

3. Begleitart - Dominanzanteil < 1 %
Die Arten sind in der Referenz-Fischzöne mit einem Anteil < 1 % vertreten.
Die Arten kommen in diesem Gewässerabschnitt im sehr guten ökologischen Zustand bzw. höchsten Potenzial meist, jedoch nicht zwingend vor und sind so selten, dass sie bei einer repräsentativen Probenahme nicht alle nachweisbar sind.

Die Modellierung der fischfaunistischen Referenz im sehr guten ökologischen Zustand bzw. höchsten Potenzial basierte auf mehreren Grundlagen.

  • Historische Daten
  • Daten aus weitgehend ungestörten Gewässern, deren Fischbestand als naturnah gelten kann (best-of-Ansatz)
  • Natürliche zoogeographische Verbreitungsmuster
  • Nutzung von Expertenwissen zum Zusammenhang zwischen abiotischen Parametern (Gefälle, Gewässerbreite, Wassertiefe, Temperatur…) und den Habitatansprüchen einzelner Fischarten

Zu beachten ist, dass die so modellierten Referenzzustände nicht die Zusammensetzung der tatsächlichen Fischlebensgemeinschaft repräsentieren. In ihnen werden bereits die Nachweisbarkeit der Arten mit der standardisierten Untersuchungsmethodik und ihrer Bedeutung im Bewertungsverfahren berücksichtigt.

Aufbau des Verfahrens

Die Bewertung des ökologischen Zustands von Fließgewässern bzw. Fließgewässer-Wasserkörpern mit dem fischbasierten Bewertungssystem (fiBS) erfolgt grundsätzlich auf Basis des gültigen fischfaunistischen Referenzzustandes und der Daten repräsentativer Befischungen. In Ausnahmefällen können diese Befischungsdaten jedoch vor der Verwendung im Bewertungssystem durch Ersatz-Daten (Dummy-Daten) ergänzt werden (Abb. 1). Dies ist zulässig, sofern Fischarten aufgrund ihrer Lebensweise nicht mit den eingesetzten Probenahmemethoden sicher nachweisbar sind, ihr Vorkommen jedoch an der Probestelle über andere Nachweismethoden sicher belegt ist. Beispiele hierfür sind Wanderfischarten wie Atlantischer Lachs, Fluss- und Meerneunauge oder Maifisch, die mit elektrofischereilicher Probennahme während des Monitoringzeitraums im Spätsommer / Herbst nicht oder nur sehr schlecht nachweisbar sind.

Abbildung Schema Grundprinzip fiBS Bewertung.

Abb. 1: Schema Grundprinzip fiBS Bewertung.


Das fischbasierte Bewertungssystem ist zur Bewertung des Hauptgerinnes konzipiert. Flussauen und Seitenarme sind mit fiBS nur bewertbar, wenn es sich um fließende Gewässerlebensräume handelt und entsprechende Referenzzönosen vorliegen. Das Grundprinzip des Bewertungsverfahrens beruht auf dem Vergleich der aktuellen Fischzönose mit einem fischfaunistischen Referenzzustand. Mit zunehmendem Grad der Abweichung der aktuellen Fischzönose vom Referenzzustand verschlechtert sich das Bewertungsergebnis.

Der Bewertung liegen fischökologische Bewertungsparameter oder Metrics zu Grunde, die zu übergeordneten Qualitätsmerkmalen aggregiert werden. Eine besondere Bedeutung kommt den ökologischen Gilden, also funktionalen Gruppen der Fischzönose zu. Dies betrifft die Strömungspräferenz der Arten sowie deren Ansprüche hinsichtlich der Laichhabitate, Nahrung und Migrationsdistanz. In einzelnen Metrics werden jedoch auch die ökologischen Ansprüche einzelner Arten berücksichtigt.

Zur Berechnung der Gesamtbewertung erfolgt zunächst eine Bewertung der einzelnen Qualitätsmerkmale, die z. T. auf mehreren Einzelmetrics basiert. Aus den Bewertungsergebnissen der sechs Qualitätsmerkmale wird anschließend die Gesamtbewertung einer Probestelle berechnet. Diese wird in natürlicherweise artenarmen Gewässern durch eine Bewertung der Fischbestandsdichte ergänzt (Tab. 1).

Tab. 1: Qualitätsmerkmale und zugehörige Einzelmetrics des fischbasierten Bewertungssystems (fiBS).

Qualitätsmerkmal

Parameter

Qualitätsmerkmal A:
Arten und Gildeninventar

 

 

(1) Anzahl der typspezifischen Arten
(2) Anzahl der Begleitarten
(3) Anzahl der anadromen und potamodromen Arten
(4) Vorhandensein von referenzfernen Arten
(5) Anzahl der Habitat-Gilden
(6) Vorhandensein von referenzfernen Habitat-Gilden
(7) Anzahl der Reproduktions-Gilden
(8) Vorhandensein von referenzfernen Reproduktions-Gilden
(9) Anzahl der Trophie-Gilden
(10) Vorhandensein von referenzfernen Trophie-Gilden

Qualitätsmerkmal B:
Arten und Gildenabundanz

 

(11) Abundanz der Leitarten
(12) Barsch/Rotaugen-Abundanz
(13) Verteilung der ökologischen Gilden

Qualitätsmerkmal C:
Altersstruktur

(14) Quantitativer Reproduktionsnachweis bei allen Leitarten über den Nachweis des jeweiligen Anteils des Altersstadiums 0+ am Gesamtfang der Art sowie des Anteils adulter Tiere

Qualitätsmerkmal D:
Migration

(15) Migrationsindex (MI)

 

Qualitätsmerkmal E:
Fischregion

(16) Fischregionsgesamtindex (FRIges)

Qualitätsmerkmal F:
Dominante Arten

(17) Leitartenindex (LAI)
(18) Community Dominance Index (CDI)*

* nur relevant für bei Referenz-Fischzönose ≥ 10 Arten

 

 

Qualitätsmerkmale

Qualitätsmerkmal Arten- und Gildeninventar
Es wird die Anzahl der an der Probestelle nachgewiesenen Arten und ökologischen Gilden mit denen des fischfaunistischen Referenzzustands verglichen und bewertet. Es fließen mit Ausnahme der Migrations-Gilden, die gesondert bewertet werden, alle Habitat- und Nahrungsgilden ein. Referenzferne Gilden und Arten führen bei Gewässern mit weniger als 10 Referenzarten zur Abwertung des Ergebnisses. Bewertungsrelevant sind zudem die Anzahl der typspezifischen Arten, der Begleitarten, anadromer und potamodromer Arten sowie typfremder Arten.

Qualitätsmerkmal Artenabundanz und Gildenverteilung
Die nachgewiesenen Abundanzverhältnisse im Bereich der Probestelle werden mit denen der Referenz-Fischzönose verglichen und bewertet. Überprüft wird die relative Abundanz der Leitarten, die aufaddierte Abundanz von Flussbarsch und Rotauge sowie ausgewählter ökologischer Gilden. Je stärker die relativen Abundanzen der nachgewiesenen Fischzönose von denen der Referenzzönose abweichen, desto schlechter ist das Bewertungsergebnis. Im Donausystem wird der Aal bei der Berechnung der Abundanz der Leitarten nicht berücksichtigt.

Qualitätsmerkmal Altersstruktur
Dieses Qualitätsmerkmal bewertet den Reproduktionserfolg der Leitfischarten entsprechend des fischfaunistischen Referenzzustandes. Bewertungsrelevant ist der Anteil der 0+ Fische am Gesamtbestand einer Art, der bei einer ausgewogenen Altersstruktur bestimmte Grenzwerte nicht unter- und überschreiten sollte. Der Aal bleibt aufgrund der marinen Fortpflanzung unberücksichtigt.

Qualitätsmerkmal Migration
Dieses Qualitätsmerkmal soll Defizite der ökologischen Durchgängigkeit indizieren. Als Grundlage der Bewertung sind die Fischarten in Abhängigkeit von ihrer Mobilität, genauer der Migrationsdistanz, fünf Migrationsdistanzklassen mit einem Klassenwert von 1 bis 5 (Index) zugeordnet (Tabelle 1).

Tab. 2: Klassen unterschiedlicher Migrationsdistanzen und zugeordneter numerischer Klassenwert zur Errechnung des Migrationsindex.

Migrationsdistanzklasse

Klassenwert

kurz

1

kurz - mittel

2

mittel

3

mittel - lang

4

lang

5

Der entsprechend der Individuenanzahl (bzw. relative Abundanz) gewichtete Mittelwert dieser Migrationsdistanzklassen bildet den Migrationsindex:

Abbildung Formel Migrationsindex  

MI = Migrationsindex
NX = Anzahl Individuen pro Migrationsdistanzklasse:
K kurz
K-M kurz bis mittel
M mittel
M-L mittel bis lang
L lang
Nges = Gesamtanzahl Individuen an Probestelle


Je stärker der Index der nachgewiesenen Fischzönose den der Referenzzönose unterschreitet, desto schlechter ist das Bewertungsergebnis, da dies auf Defizite der ökologischen Durchgängigkeit hinweisen kann. Ist der Migrationsindex höher als der der Referenzzönose, beeinflusst dies das Bewertungsergebnis nicht negativ.

Qualitätsmerkmal Fischregion
Dieses Qualitätsmerkmal soll anthropogene Eingriffe indizieren, die den Gewässercharakter Richtung Oberlauf (Rhithralisierung) oder Unterlauf (Potamalisierung) verschieben. Die Grundlage hierfür bildet der Fischregionsindex, als Maß für die Verbreitungsschwerpunkte einer Art im längszonalen Verlauf der Fließgewässer. Es werden sechs Fließgewässerregionen unterschieden, denen numerische Klassenwerte zugeordnet sind (Tab. 2). Die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens einer Art innerhalb dieser Regionen normiert auf einer Skala von 0 (kein Vorkommen) bis 12 (höchste Wahrscheinlichkeit) bestimmt in Kombination mit dem Regionsklassenwert den artspezifischen Fischregionsindex. Zusätzlich wird eine aus der auf die Fischregionen bezogene Wahrscheinlichkeitsverteilung resultierende artspezifische Fischregionsvarianz (S² FRI) gebildet. Sie stellt ein Maß für die natürliche Streuung einer Fischart im Fließgewässerlängsverlauf dar. Je stärker sich das Vorkommen einer Art auf eine der sechs Fischregionen konzertiert, desto kleiner ist diese Fischregionsvarianz. Sie bestimmt somit das Indikatorgewicht des Fischregionsindex jeder einzelnen Art. Der Bewertung mit dem fischbasierten Bewertungssystem liegen artspezifische Werte für den Fischregionsindex sowie die Fischregionsvarianz zugrunde, die bei der Entwicklung des Bewertungsverfahrens festgelegt wurden.

Tab. 3: Fließgewässerregionen und zugeordnete numerischer Klassenwert zur Errechnung des Fischregionsindex.

Fließgewässerregion

Klassenwert

Epirhithral

3

Metarhithral

4

Hyporhithral

5

Epipotamal

6

Metapotamal

7

Hypopotamal

8

Der Fischregionsindex der gesamten Fischzönose errechnet sich aus der Individuenanzahl (bzw. relativen Abundanz) sowie den artspezifischen Fischregionsindices und der Fischregionsvarianz:

Abbildung Formel Fischregions-Gesamtindex der Fischzönose  

FRIges = Fischregions-Gesamtindex der Fischzönose
FRIi = FRI der Fischart i
ni = Anzahl der Individuen (oder Anteil) der Fischart
S2i = S² (Fischregionsvarianz) der Fischart i


Je stärker der Fischregionsindex der nachgewiesenen Fischzönose von dem der Referenzzönose abweicht, desto schlechter wird das Bewertungsergebnis. Da der Fischregionsindex in den Oberläufen stärkeren natürlichen Schwankungen unterliegt als im Unterlauf werden für die Bewertung der ökologischen Zustandsklassen bei Fischzönosen mit einem Fischregionsindex der Referenz über 5,7 größere Abweichungen toleriert als für solche mit einem Fischregionsindex von 5,7 und darunter. Eine detaillierte Erläuterung hierzu enthält das „Handbuch zu fiBS“ (Dußling 2009). Für Gewässer im Donausystem wird der Aal zur Berechnung des Fischartenindex nicht berücksichtigt.

Qualitätsmerkmal Dominante Arten
Bei diesem Qualitätsmerkmal wird bewertet, wie stark die im nachgewiesenen Fischbestand dominierenden Arten hinsichtlich ihrer relativen Abundanz vom fischfaunistischen Referenzzustand abweichen. Ein Parameter ist der Leitartenindex (LAI). Er spielgelt die Anzahl der im Referenzzustand enthaltenen Leitarten wider, die an der Probestelle nachgewiesen wurden. Zusätzlich fließt bei artenreichen Fischzönosen mit einer Referenzartenanzahl > 10 der Community Dominance Index (CDI) in die Bewertung ein, der die Ausgewogenheit der Arten-Häufigkeits-Verteilung charakterisiert. Dominieren die zwei häufigsten Arten die Lebensgemeinschaft deutlich stärker als vorgegeben, erfolgt eine Abwertung. Der Community Dominance Index (CDI) ist abhängig von der Artenanzahl in der Lebensgemeinschaft. Der Bewertung liegen daher abhängig von der Referenz-Artenanzahl unterschiedliche Grenzwerte zu Grunde. Für Lebensgemeinschaften mit weniger als 10 Referenzarten ist dieser Index nicht relevant. Im Donausystem wird der Aal bei der Berechnung beider Indices nicht berücksichtigt.

Experteneinschätzung Gesamtindividuendichte
Die Experteneinschätzung zur Gesamtindividuendichte ist ein übergeordnetes „KO-Kriterium“ für den guten ökologischen Zustand und das gute ökologische Potenzial in Gewässern mit weniger als 10 Referenzarten. Sie ist vor allem in natürlicherweise artenarmen Rhithralgewässern bewertungsrelevant und führt zu einer zusätzlichen Bewertung der Fischbestandsdichte als absolutes Abundanzmaß. Wird die Gesamtindividuendichte durch den bewertenden Experten aufgrund anthropogener Beeinträchtigungen als stark verringert eingeschätzt, wird das Bewertungsergebnis wie folgt abgewertet.

  1. Ergebnis Indexbewertung > 2,5 dann Abwertung auf 2,25 (mäßig)
  2. Ergebnis Indexbewertung ≤ 2,5 aber ≥ 1,25 dann Abwertung um 0,25
  3. Ergebnis Indexbewertung < 1,25 dann Abwertung auf 1

Ist eine geringe Individuendichte hingegen auf natürliche Ursachen zurückzuführen, bleibt das Bewertungsergebnis unverändert.

Gesamtbewertung

Indexbewertung

Die Gesamtbewertung erfolgt auf Basis der Ergebnisse der Einzelmetrics (Parameter). Im ersten Schritt werden die Parameterausprägungen der nachgewiesenen Fischzönose mit denen im Referenzzustand verglichen und nach einem Punktesystem drei Klassen (Tab. 4) zugeordnet.

Tab. 4: Ausprägung der Ergebnisse der Einzelmetrics und resultierende Bewertungspunktzahl.

Nachgewiesener Zustand an Probestelle

Punkte

Geringe Abweichung von Zielwert - sehr guter ökologischer Zustand

5

Moderate Abweichung von Zielwert - guter ökologischer Zustand

3

Große Abweichung von Zielwert –ökologischer Zustand mäßig oder schlechter

1

Im zweiten Schritt werden die übergeordneten Qualitätsmerkmale auf Basis dieser Einzelpunkte bewertet. Dies erfolgt durch einfache Mittelwertbildung. Die Gesamtbewertung basiert auf den Ergebnissen der sechs Qualitätsmerkmale. Zunächst wird der Mittelwert aus den Qualitätsmerkmalen Migration, Fischregion und Dominate Arten gebildet (Abbildung 8, Abbildung 9). Aus diesem Wert wird unter Berücksichtigung des Arten- und Gildeninventars, der Artabundanz und Gildenverteilung sowie der Altersstruktur wiederum durch Mittelwertbildung die Gesamtbewertung berechnet (Abb. 2, Abb. 3). Es resultiert ein Indexwert zwischen 1 und 5, mit einer Genauigkeit von zwei Nachkommastellen. Die Zuordnung der Indexbewertung zu den ökologischen Zustandsklassen erfolgt entsprechend Tabelle 5.

Tab. 5: Punktzahl der Gesamtbewertung (Zusammenfassung Qualitätsmerkmale) und resultierende ökologische Zustandsklasse.

Gesamtbewertung (Indexklassen)

ökologische Zustandsklasse

> 3,75

sehr gut

> 2,50 – 3,75

gut

> 2,00 – 2,50

mäßig

> 1,50 – 2,00

unbefriedigend

≤ 1,50

schlecht

Abbildung Schematische Darstellung der mit fiBS durchgeführten fischbasierten Bewertung von Fließgewässerabschnitten mit einer Referenz-Fischzönose von < 10 Arten

Abb. 2: Schematische Darstellung der mit fiBS durchgeführten fischbasierten Bewertung von Fließgewässerabschnitten mit einer Referenz-Fischzönose von < 10 Arten; Quelle: Handbuch zu fiBS (Dußling 2009).

 

Abbildung Schematische Darstellung der mit fiBS durchgeführten fischbasierten Bewertung von Fließgewässerabschnitten mit einer Referenz-Fischzönose von ≥ 10 Arten

Abb. 3: Schematische Darstellung der mit fiBS durchgeführten fischbasierten Bewertung von Fließgewässerabschnitten mit einer Referenz-Fischzönose von ≥ 10 Arten; Quelle: Handbuch zu fiBS (Dußling 2009).

Plausibilitätsprüfung

Das Ergebnis der Indexbewertung ist einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Sofern durch den Experten eine deutliche Fehlbewertung festgestellt wird, kann das indexbasierte Bewertungsergebnis korrigiert werden. Derartige Korrekturen sind immer klar zu begründen und zu dokumentieren. Sie können insbesondere in folgenden Fällen erforderlich sein:

Artenarme Gewässer
(siehe Experteneinschätzung Individuendichte)

Referenzferne Arten
Das Vorkommen referenzferner Arten ist nicht immer auf Degradationen im Fließgewässer zurückzuführen. Dies gilt beispielsweise für Stillwasserarten, die aus angrenzenden Standgewässern in Gewässeroberläufe eingetragen werden. In der Regel können sich diese Arten nicht dauerhaft im Bereich der Probestelle etablieren und sind nur temporär nachweisbar. Ihr Vorkommen ist somit nicht auf Defizite im Fließgewässer zurückzuführen und sollte keine Abwertung des ökologischen Zustands bewirken.

Massenaufkommen
Auch in natürlichen Gewässer kann es zum vorrübergehenden Massenaufkommen, insbesondere von Kleinfischarten mit hoher Reproduktionsrate (z.B. Elritze oder Ukelei) kommen. In der Folge sind diese Arten temporär in sehr großen relativen Abundanzen vertreten. Dies kann das Bewertungsergebnis deutlich negativ beeinflussen. Ist davon auszugehen, dass die starke Dominanz einer Art nur kurzzeitig gegeben sowie nicht auf Defizite im Gewässer zurückzuführen war und der Fischregionsindex der Massenart nur geringfügig von dem des fischfaunistischen Referenzzustands abweicht, kann das Bewertungsergebnis korrigiert werden.

Fischbesatz
Die Fischbestände der Fließgewässer werden häufig angelsportlich oder fischereiwirtschaftlich genutzt. Hierzu gehört der Besatz von Fischen. Diese Besatzfische können das Bewertungsergebnis positiv beeinflussen, sofern Arten eingebracht werden, die sich nicht natürlich reproduzieren könnten. Finden Jungfische (Subadulte) und geschlechtsreife Tiere (Adulte) günstige Habitatbedingungen besitzt ihr Vorkommen dennoch eine Indikatorfunktion für die Umweltbedingungen an der Probstelle. In diesem Fall ist deren Berücksichtigung in der Bewertung gerechtfertigt. Ist jedoch keine natürliche Reproduktion möglich, da geeignete Laichhabitate fehlen, verursacht der Nachweis künstlich besetzter 0+ Fische eine ungerechtfertigte Verbesserung des Bewertungsergebnisses. In diesem Fall dürften diese Tiere für die Bewertung nicht berücksichtigt werden.

Prädation
Ist der Fischbestand stark durch externe Räuber beeinflusst, spiegelt die Fischzönose nicht den Zustand des Gewässers wider. Durch die Fraßaktivität der Räuber in ihrer Zusammensetzung und Bestandsdichte deutlich veränderte Fischzönosen werden häufig schlecht bewertet. Dies ist nicht gerechtfertigt, da es sich nicht um eine anthropogene Beeinträchtigung des Gewässers handelt. Das Bewertungsergebnis kann korrigiert werden.

Bewertung gemäß FAT-FW

Fischfaunistische Referenzzustände

Als Grundlage zur Ermittlung des höchsten ökologischen Potenzials sowie der Herleitung der Klassengrenzen für die weiteren Potenzialstufen dienen dabei die rezenten „best of-Werte“ (Taxazahlen und Abundanzwerte).

Aufbau des Verfahrens

FAT-FW ist ein multimetrisches Bewertungsverfahren. Die Bewertung erfolgt über acht bewertungsrelevante Messgrößen (Metrics 1 - 8), die z. T. in Submetrics untergliedert sind. Zusätzlich wird zu drei weiteren Metrics (Metrics 9 - 11) eine nicht bewertungsrelevante Einschätzung gegeben („nur nachrichtlich“) (Tab. 6).

Über die verschiedenen Messgrößen werden der Zustand ausgewählter ökologischer Gilden (diadrome Arten, limnische Arten) und die Abundanzen ausgewählter Arten(gruppen) (Stint, Finte, Flunder, Dreist. Stichling, Kaulbarsch, Cyprinidae) bewertet. Der Parameter Altersstruktur wird über eine spezifische Bewertung der Altersstadien (Ei/Larve/juvenil (0+), subadult und adult) der ästuarinen Charakterarten Finte und Stint berücksichtigt.

Weiterhin ist, zunächst noch optional, die Berücksichtigung der Altersstruktur über eine Gewichtung der Abundanzmetrics von Dreist. Stichling, Kaulbarsch und Cyprinidae möglich.

Tab. 6: Messgrößen des fischbasierten Bewertungswerkzeugs für ästuarine limnische Fließgewässer (FAT-FW) (Bioconsult 2014).

Artenspektrum

Metric 1: Diadrome Arten

Metric 1-1-1: „ästuarin“ (Stint, Finte, Schnäpel, Stör)

Metric 1-1-2: „ästuarin / transit“ (Flunder, Dreist. Stichling, Sandgrundel)

Metric 1-2: „transit“ (Aal, Maifisch, Meerneunauge, Flussneunauge, Lachs, Meerforelle)

Metric 2: Limnische Arten

Metric 2-1: Cyprinidae

Metric 2-2: Percidae

Metric 2-3: Sonstige (7 Familien)

Metric (nur nachrichtlich): Neozoa (z.B. Schwarzmundgrundel, Giebel, Regenbogenforelle)

Metric (nur nachrichtlich): Marine Gilden (z.B. Hering, Sprotte, Meeräsche, Scholle)

Abundanz ausgewählter Arten(gruppen)

Gruppe „ästuarine Arten“

Metric 3: Stint

Metric 4: Finte

Gruppe „ästuarin-transit Arten“

Metric 5: Flunder

Metric 6: Dreist. Stichling

Gruppe „limnische Arten

Metric 7: Kaulbarsch

Metric 8: Cyprinidae

Metric 9 (nur nachrichtlich): Rapfen

„Sonstige“

Metric 10 (nur nachrichtlich): Neozoa

Metric 11 (nur nachrichtlich): Marine Gilden

Die Bewertung resultiert aus einer Ermittlung der Ähnlichkeiten der einzelnen Metrics mit der Referenz (=1), wobei je nach berechnetem Ähnlichkeitswert eine Vergabe von so genannten Wertpunkten (Scores) erfolgt (Tab. 7).

Tab. 7: Zuordnung der Metricergebnisse zu Punktwerten (Scores) über einen Vergleich der Ähnlichkeit (Übereinstimmung von Ist-Wert und Referenzwerten).

Messgröße/Metric

Ähnlichkeit

Score

Artenspektrum

> 0,8

sehr hohe Übereinstimmung

5

(Metrics 1 und 2)

> 0,6

 

4

und

> 0,4

 

3

Abundanz

> 0,2

 

2

(Metrics 3 bis 8)

≤ 0,2

sehr geringe Übereinstimmung

1

Für die Berechnung der Gesamtbewertung (Ecological Quality Ratio (Gesamt-EQR)) werden die Punktewerte summiert und mit der maximal und minimal möglichen Punktzahl verrechnet. Bei 11 Metrics kann eine maximale Punktzahl von 55 und eine minimale Punktzahl von 11 erreicht werden. Die Berechnung des EQR basiert auf folgendem Algorithmus:

Gesamt-EQR = ∑ Ist - ∑ Min / ∑ Max - ∑ Min

Der abschließende Schritt ist die Zuordnung des EQR-Wertes zu der entsprechenden ökologischen Potenzialklasse (Tab. 8). Die Abstufung entspricht den für die Bewertung der Übergangsgewässer verwendeten und interkalibrierten Klassengrenzen.

Tab. 8: Festlegung der EQR-Klassengrenzen für das ökologische Potenzial.

EQR-Wert

Ökologisches Potenzial

>/= 0,9

höchstes Potenzial

0,68 - < 0,9

gut

0,4 - < 0,68

mäßig

0,2 - < 0,4

unbefriedigend

< 0,2

schlecht

Eine ausführliche Beschreibung des Bewertungsverfahrens findet sich in Bioconsult (2014).

Bewertung gemäß MGFI

Fischfaunistische Referenzzustände

Das Bewertungsverfahren MGFI integriert bereits anthropogene Nutzungen und sonstige Einflüsse, da die im Verfahren genutzten Referenzen aus aktuellen Daten abgeleitet worden sind. Grund hierfür ist, dass zu den nicht tideoffenen Marschengewässern nur wenige historische fischfaunistische Daten zur Verfügung stehen.

Aufbau des Verfahrens

Die Bewertung über den MGFI erfolgt in den drei Modulen

  • Artengemeinschaft (qualitatives Vorhandensein von Arten der einzelnen Gilden),
  • Häufigkeiten / Abundanzen (Häufigkeit von Vertretern der drei berücksichtigten ökologischen Gilden) und
  • Altersstruktur (Altersstruktur von Vertretern der drei ökologischen Gilden).

Als Indikatoren werden 19 Fischarten zugrundegelegt, die sich in drei ökologische Gilden aufteilen:

  • Indifferente Arten (n = 12): Diese Arten besitzen keine speziellen Habitatansprüche und besiedeln vegetationsfreie bis vegetationsreiche Gewässer, z. B. Rotauge, Brassen, Güster, Flussbarsch, Hecht.
  • Stillgewässerarten (n = 4): typische Besiedler von stehenden bzw. ruhig fließenden Gewässern mit meist ausgeprägten Makrophytenbeständen, die auch zur Eiablage genutzt werden. Dies sind Karausche, Rotfeder, Moderlieschen und Schleie.
  • Auenarten (n = 3): Pionierarten und ausgeprägte Spezialisten naturnaher Auenlandschaften, die besonders an die hohe Dynamik der dort vorkommenden Gewässertypen angepasst sind. Marschengewässer sind als Sekundär- oder Ersatzlebensräume von besonderer Bedeutung für die Arten Schlammpeitzger, Steinbeißer, Bitterling.

Der MGFI umfasst insgesamt neun bewertungsrelevante Metrics (Tab. 9). Für jeden der neun Metrics können maximal fünf Scorewerte vergeben werden, so dass sich eine maximale Punktzahl von 45 und eine minimale Punktzahl von 9 ergibt.

Tab. 9: Matrix zur Bewertung von nicht tideoffenen Marschengewässern anhand der Fischfauna (Bioconsult 2006).

Abbildung Matrix zur Bewertung von nicht tideoffenen Marschengewässern anhand der Fischfauna

* indifferente Gilde + rheophil-indifferente + ästuarin-diadrom-indifferente Arten (vgl. Referenzartenliste in Bioconsult 2006)
** nicht zwingend in gesielten oder geschöpften Marschengewässern
*** ggf. als Sondermetric einbeziehen
n.b. derzeit nicht in die Bewertung einbezogen
MW Mittelwert
AG Altersgruppe
Kmax maximaler Häufigkeitswert bezogen auf das jeweilige Metric

Die Gesamtsumme der für die neun Metrics erreichten Scorewerte wird anschließend zu einem Ecological Quality Ratio (EQR) umgerechnet, wobei jeder EQR-Wert einer bestimmten Klasse des ökologischen Potenzials zugeordnet ist (Tab. 10).

Bei Messgrößen, bei denen mehrere Arten berücksichtigt werden, werden zunächst die Einzelwerte summiert und anschließend die Summe einer Kategorie zugeordnet. Die Berechnung des EQR erfolgt abschließend nach folgender Formel:

EQR = (Summe Ist – Summe Min) / (Summe Max – Summe Min)

Unabhängig davon gilt das gute ökologische Potenzial grundsätzlich als nicht erreicht, wenn ein Einzelmetric (aus einer Gilde) als „schlecht“ klassifiziert wird.

Tab. 10: EQR-Werte mit Zuordnung des ökologischen Potenzials zur Bewertung von nicht tideoffenen Marschengewässern anhand der Fischfauna.

EQR-Wert

Ökologisches Potenzial

> 0,76

höchstes Potenzial

≤ 0,76- > 0,55

gut

≤ 0,55 - > 0,26

mäßig

≤ 0,26 - > 0,11

unbefriedigend

≤ 0,11

schlecht


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