Bewertung ökologischer Zustand

Die Bewertung des ökologischen Zustands der Nordsee-Küstengewässer basiert auf dem Biomasse-Parameter Chlorophyll-a-Konzentration der Vegetationsperiode von März bis September (90%-Perzentile) sowie der Blütenfrequenz der Schaumalge Phaeocystis.

Tab. 1 zeigt die Klassengrenzen für die Chlorophyll-a-Konzentrationen zum Stand der Bewertung zum Bewirtschaftungsplan 2015. Die Referenzwerte wurden durch Modellrechnungen anhand von Korrelationen mit rezenten Gesamt-Stickstoff-Werten (TN) abgeleitet (Brockmann et al. 2007), da es keine historischen Messwerte aus den Nordsee-Küstengewässern gibt. Da der Interkalibrierungsprozess noch nicht für alle Typen abgeschlossen ist, sind die in Tab. 1 genannten Klassengrenzen für die Typen N3 und N4 derzeit nur als nationale Grenzwerte zu verstehen. Die Werte für die Typen N1 und N2 wurden bereits interkalibriert.

Tab. 1: Klassengrenzen der Chlorophyll-a-Konzentrationen [µg·l-1] als 90%-Perzentile der Vegetationsperiode für die Typen deutschen Nordsee-Küstengewässer. Die Referenzwerte wurden abgeleitet von Brockmann et al. (2007). Quellen: NLWKN (2010), http://mhb.meeresschutz.info.

Typ

Referenzwert

sehr gut

gut

mäßig

unbefriedigend

schlecht

N1

3,3

≤5

>5-7,5

>7,5-15

>15-25

>25

N2

3,3

≤5

>5-7,5

>7,5-15

>15-25

>25

Zusätzlich zur Chlorophyll-a-Konzentration wird in Niedersachsen die Blütenfrequenz der Kolonie bildenden Schaumalge Phaeocystis betrachtet. Schleswig-Holstein berücksichtigt dieses zusätzliche Kriterium nicht. Ein Blütenereignis ist für dieses Taxon definiert, wenn die Abundanz höher als 106 Zellen pro Liter ist. Der Prozentsatz an Monaten innerhalb eines Jahres, in denen mindestens ein solches Blütenereignis auftritt, ergibt die Frequenz. Als Referenzwert wird eine natürliche Blüte pro Jahr definiert. Daraus ergibt sich die Frequenz von 8,3 % (1/12). In Tab. 2 sind die entsprechenden Klassengrenzen bis "mäßig" aufgeführt.

Tab. 2: Klassengrenzen der Blütenfrequenz von Phaeocystis [%] für die Wasserkörpertypen der deutschen Nordsee-Küstengewässer. Quellen: NLWKN (2010), http://mhb.meeresschutz.info.

Typ

Referenzwert

sehr gut

gut

mäßig

N1, N2

8.3

<10

10-17

>17

Das aus dieser Berechnung resultierende Ergebnis kann jedoch ggf. nur zu einer Verschlechterung der Phytoplankton-Bewertung und nicht zu einer Verbesserung führen. Ist die Bewertung der Blütenfrequenz von Phaeocystis besser als die des Chlorophyll-a, so fließt sie in die Gesamtbetrachtung nicht ein, es gilt dann einzig das Klassifizierungsergebnis anhand von Chlorophyll-a. So führt beispielsweise das Ausbleiben einer Phaeocystis-Blüte nicht zu einer besseren Beurteilung des Zustandes. Ergibt die Blütenfrequenz von Phaeocystis eine schlechtere Bewertung als die Pigmentkonzentration, so wird für beide Metrics (Chlorophyll-a-Konzentration und Blütenfrequenz von Phaeocystis) separat der normierte EQR-Wert (Ecological Quality Ratio) berechnet. Das arithmetische Mittel beider Werte ergibt die Gesamtbewertung.

Als Ecological Quality Ratio (EQR) ist grundsätzlich das Verhältnis zwischen dem Referenzwert und dem aktuellen Messwert definiert, das Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann. Ein guter ökologischer Zustand ist mit Werten nahe 1 erreicht, Ergebnisse nahe 0 signalisieren einen schlechten Zustand. Da die Breite der fünf Zustandsklassen durch die definierten Klassengrenzen anhand der Messgrößen (und damit auch der berechneten EQRs) nicht gleich groß und auch in ihren prozentualen Verhältnissen zwischen verschiedenen Messgrößen nicht vergleichbar ist, hat man sich auf normierte EQR-Werte mit gleichen (äquidistanten) Klassen von jeweils 0,2 verständigt (Tab. 3).

Tab. 3: Zuordnung der normierten EQRs (Ecological Quality Ratios) zu den fünf ökologischen Zustandsklassen.

Normierter EQR

Ökologischer Zustand

>0,8 - 1,00

sehr gut

>0,6 - 0,8

gut

>0,4 - 0,6

mäßig

>0,2 - 0,4

unbefriedigend

0,0 - 0,2

schlecht

Für die Berechnung dieser normierten EQRs gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Im Falle des Phytoplanktons für die deutschen Nordsee-Küstengewässer geschieht dies ausgehend von den Messwerten nach folgender Formel. Dabei ist die Obergrenze einer Zustandsklasse immer die Grenze zur nächst besseren Klasse.

Abbildung Formel für normierten EQR-Wert

Berechnet man beispielsweise den normierten EQR für Chlorophyll-a im Gewässertyp N4 (Tab. 1) mit einem aktuellen Messwert (90%-Perzentil) von 10 µg·l-1, so erhält man:

Abbildung Beispielberechnung für normierten EQR-Wert

Der normale EQR (Referenzwert/Messwert) in diesem Beispiel berechnet sich zu 0,48 (4,8/10).

Rechnerisch ist mit diesem System für jedes Jahr eine Bewertung der Nordsee-Küstengewässer möglich. Aufgrund der hohen interannuellen Variabilität der Phytoplanktongemeinschaften ist es jedoch insbesondere zur Ableitung von Trends nicht sinnvoll ein einzelnes Jahr zu betrachten. Stattdessen werden die Einzelbewertungen von sechs aufeinanderfolgenden Jahren mit den normierten EQRs gemittelt. Dies ergibt die offizielle Klassifizierung für den jeweils festgelegten sechsjährigen Bewirtschaftungszeitraum.


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