Morphologie
Gemäß Anhang V, Art. 1.1.1 und 1.2.1 der Wasserrahmenrichtlinie sind folgende morphologische Komponenten und Kriterien zur unterstützenden Bewertung der biologischen Qualitätskomponenten heranzuziehen:
- Tiefen- und Breitenvariation: Variationen von Breite und Tiefe
- Struktur und Substrat des Flussbetts: Laufentwicklung, Strömungsgeschwindigkeiten, Substratbedingungen
- Struktur der Uferzone: Struktur und Bedingungen der Uferbereiche
In Deutschland werden zur Bewertung der hydromorphologischen Qualitätskomponente „Morphologie“ für die Bäche und Flüsse die Verfahren der Gewässerstrukturkartierung angewendet. Für die schiffbaren Gewässer steht dafür ergänzend auch das sogenannte Valmorph-Verfahren zur Verfügung.
Gewässerstrukturkartierung
Fließgewässer sind dynamische Lebensräume: Verlagerungen des Gewässers und seiner Substrate durch verschiedene Abflüsse sind maßgeblich an der Gestaltung der Gewässerstrukturen im Gewässer, aber auch am Ufer und in der Aue beteiligt.
Unter dem Begriff Gewässerstruktur werden im Rahmen der Strukturkartierung sämtliche räumlichen und materiellen Differenzierungen des Gewässerbetts und seines Umfeldes verstanden, soweit sie hydraulisch, gewässermorphologisch und hydrobiologisch wirksam und für die ökologischen Funktionen des Gewässers und der Aue von Bedeutung sind. Die einzelnen Strukturen können natürlicherweise entstanden, anthropogen geschaffen oder initiiert worden sein. Gewässerstrukturen sind damit ein Maß für die morphologische Qualität der Gewässer, die durch diese Strukturen angezeigten dynamischen Prozesse und somit für die Qualität des Lebensraumes Fließgewässer für Fauna und Flora.
Die Strukturkartierung von Fließgewässern ist ein Verfahren, mit dem der strukturelle (hydromorphologische) Zustand des Gewässerbettes, der Ufer und des Gewässerumfeldes und damit deren Funktionsfähigkeit erhoben und bewertet werden. Dafür die zwei bundesweit gültigen LAWA-Vor-Ort-Verfahren für kleine bis mittelgroße und mittelgroße bis große Fließgewässer zur Verfügung (LAWA 2019) (Abb. 1).
Abb. 1: LAWA-Verfahrensempfehlung zur Gewässerstrukturkartierung – Verfahren für kleinen bis mittelgroße Fließgewässer (2019). |
Die beiden Verfahren sind ursprünglich für natürliche Fließgewässer entwickelt worden. Da es in Bezug auf die Gewässerstruktur aber häufig keine Unterschiede zwischen morphologisch stark veränderten natürlichen Bächen und Flüssen oder künstlich geschaffenen Gewässern gibt, kann es auch an erheblich veränderten oder künstlichen Fließgewässern (z. B. Gräben und kleinen Kanälen) angewendet werden. Das Verfahren ist sowohl in der Landschaft als auch in Ortslagen anwendbar.
Um die naturraumtypischen, spezifischen Verhältnisse besser abbilden zu können, sind von vielen Bundesländern auf Grundlage der LAWA-Verfahren eigene modifizierte Verfahren entwickelt worden.
Die LAWA-Vor-Ort-Verfahren zur Gewässerstrukturkartierung sind bereits vor Einführung der Wasserrahmenrichtlinie entwickelt und angewendet worden. Dennoch können sie dazu genutzt werden, um den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie an die Bewertung der unterstützenden Qualitätskomponente „Morphologie“ nachzukommen. Alle gemäß WRRL geforderten Kriterien zur Bewertung der Morphologie sind in diesen Verfahren der Gewässerstrukturkartierung enthalten und können zur Bewertung des ökologischen Zustands bzw. ökologischen Potenzials herangezogen werden.
In der Tabelle 1 sind die Einzelparameter des Strukturkartierungsverfahrens für kleine und mittelgroße Fließgewässer den Kriterien und Komponenten der unterstützenden Qualitätskomponente „Morphologie“ zugeordnet. Jedem der Kriterien der WRRL sind dabei gleichmäßig drei Parameter der Strukturkartierung zugeordnet, so dass die nach Anhang V für den „sehr guten Zustand“ und das „sehr gute ökologische Potenzial“ geforderten Komponenten und Kriterien, in vollem Umfang berücksichtigt werden.
Zur Bewertung des „mäßigen Zustands“ können ggf. weitere Einzelparameter, insbesondere Schadparameter relevant sein. Deshalb wird die „Gesamtbewertung“ für die Bewertung der Wasserkörper verwendet.
Komponenten Anhang V, |
Kriterien Anhang V, |
Einzelparameter der LAWA-Strukturkartierung kleine bis mittelgroße FG (LAWA 2019) |
Struktur des Flussbetts |
Laufentwicklung |
Laufkrümmung |
Krümmungserosion |
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Bes. Laufstrukturen |
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Strömungsgeschwindigkeit |
Strömungsdiversität |
|
Rückstau |
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Querbänke |
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Substrat des Flussbetts |
Substratbedingungen |
Substratdiversität |
Längsbänke |
||
Bes. Sohlstruktur |
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Breitenvariation |
Variation von Breite |
Uferstreifen |
Profiltyp |
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Breitenvarianz |
||
Tiefenvariation |
Variation von Tiefe |
Profiltiefe |
Tiefenvarianz |
||
Breitenerosion |
||
Struktur der Uferzone |
Struktur und Bedingungen der Uferbereiche |
Uferbewuchs |
Uferverbau |
||
Bes. Uferstrukturen |
Erhebung
Die Erhebung der Strukturen erfolgt direkt am Gewässer, bzw. für die großen Fließgewässer stützt sich die Kartierung der Gewässerstruktur überwiegend auf die Auswertung vorhandener Datengrundlagen, ergänzt durch Überprüfungen im Gelände.
In Abhängigkeit von der aktuellen Gewässerbreite werden zwischen 100 und 1.000 m lange Kartierabschnitte betrachtet.
Kartiert werden Zustandsmerkmale von 26 Einzelparametern (EP) für kleine bis mittelgroße bzw. 27 Einzelparameter für mittelgroße bis große Fließgewässer, die sechs Hauptparametern (HP)
- „Laufentwicklung“ (HP 1),
- „Längsprofil“ (HP 2),
- „Sohlstruktur“ (HP 3),
- „Querprofil“ (HP 4),
- „Uferstruktur“ (HP 5) und
- „Gewässerumfeld“ (HP 6) zugeordnet sind.
Mit Hilfe standardisierter Erhebungsbögen für "kleine" und "große" Fließgewässer wird objektiv und reproduzierbar festgestellt, welche der definierten Zustandsmerkmale an dem kartierten Fließgewässer zutreffend sind. Die Erhebung erfolgt je nach Einzelparameter entweder durch Angabe der Anzahl von Zustandsmerkmalen, des prozentualen Anteils von Zustandsmerkmalen oder durch Ankreuzen des dominanten Zustandsmerkmales. Im Allgemeinen sind die Einzelparameter für Uferstruktur und Gewässerumfeld getrennt für die jeweilige Gewässerseite zu erheben. Weitergehende Erläuterungen und Definitionen zu den Einzelparametern sind in der Arbeitsanleitung zur Kartierung dargestellt.
Unter dem Einzelparameter „Laufkrümmung“ kann z. B. erhoben werden, ob ein Fließgewässer einen mäandrierenden, geschwungenen, gestreckten oder geradlinigen Verlauf hat. Das dominierende Zustandsmerkmal, z. B. „geschwungen“ wird erfasst. Der Einzelparameter „Laufkrümmung“ bildet zusammen mit anderen Einzelparametern (z. B. „Krümmungserosion“ oder „Besondere Laufstrukturen“) den Hauptparameter „Laufentwicklung“. Die Hauptparameter decken dabei die drei Bereiche eines Fließgewässers, nämlich Sohle, Ufer und Umfeld (= Land) ab.
Bewertung
Bewertungsgrundlage ist der heutige potentielle natürliche Gewässerzustand (hpnG). Als heutiger potentiell natürlicher Gewässerzustand wird der Zustand bezeichnet, der sich nach Aufgabe vorhandener Nutzungen im und am Gewässer und seiner Aue sowie nach Entnahme sämtlicher Verbauungen einstellen würde. Bereits vor der Wasserrahmenrichtlinie ist in Deutschland der Begriff des Leitbildes eingeführt worden, das den heutigen potenziell natürlichen Gewässerzustand beschreibt. In der WRRL wird mit dem Begriff Referenzbedingungen der „sehr gute ökologische Zustand“ bezeichnet. In Deutschland werden diese Referenzbedingungen mit dem hpnG bzw. dem Leitbild gleichgesetzt. Die beste Bewertung (Strukturklasse 1) ist an diesem Maßstab ausgerichtet. Da dieser je nach Naturraum und Gewässergröße verschieden sein kann, werden für die im Wesentlichen zu unterscheidenden morphologischen Gewässertypen verschiedene Bewertungsreferenzen zugrunde gelegt.
Die Zuordnung eines Gewässers zu diesen morphologischen Typen dient als Grundlage der Bewertung der Gewässerstruktur.
Methodisch setzt sich die Bewertung aus zwei Teilen zusammen. Bei der indexgestützten Haupt- und Einzelparameterbewertung werden die Ergebnisse nach fachkundiger Erhebung im Gelände rein rechnerisch zu Hauptparameter-Wertzahlen aggregiert. Die Bewertung der funktionalen Einheiten erfolgt durch die Kartierer als Ergebnis fachkundiger Beurteilungen im Gelände.
Bei der indexgestützten Bewertung erfolgt die Strukturklassenbestimmung mit Hilfe eines Indexsystems. Die Bewertung setzt bereits auf der Ebene der Einzelparameter an. Jedem Zustandsmerkmal eines Einzelparameters ist eine Indexziffer zwischen 1 und 7 zugeordnet. Durch diese Skalierung der Indexziffern wird das Ausmaß der Veränderungen bezüglich des jeweiligen Einzelparameters angezeigt. Die Zuordnung der Indexziffern zu bestimmten Zustandsmerkmalen erfolgt in Abhängigkeit vom jeweiligen morphologischen Gewässertyp und der zugehörigen Bewertungsreferenz (Leitbild).
Die Zusammenführung zur Bewertung der sechs Hauptparameter erfolgt i. d. R. durch arithmetische Mittelwertbildung der Indexwerte der Einzelparameter. Für die Hauptparameter ergeben sich somit in der Regel Werte mit gebrochenen Zahlen zwischen 1,0 und 7,0.
Beim Abschreiten des Gewässerabschnittes und beim Ausfüllen der Erhebungsbögen gewinnt der Kartierer einen Eindruck vom Zustand des Gewässers. Auf Basis der morphologischen Gewässertypen und des ganzheitlichen Eindruckes vor Ort bewertet der Kartierer die funktionalen Einheiten entsprechend der siebenstufigen Klassifikation. Anschließend erfolgt durch Zusammenfassung der funktionalen Einheiten die Bewertung der Hauptparameter. Im Allgemeinen erfolgt dies durch arithmetische Mittelwertbildung, wobei das Ergebnis gemäß obiger Tabelle auf eine Klasse zu runden ist.
Die Plausibilisierung der Ergebnisse erfolgt durch den Vergleich der Hauptparameterbewertungen aus der „indexgestützten Bewertung“ und aus der „Bewertung anhand funktionaler Einheiten“.
Ergeben sich zwischen beiden Bewertungskomponenten Abweichungen von mehr als einer Klasse, so hat der Kartierer nach Überprüfung der möglichen Fehlerquellen eine Entscheidung über die Hauptparameter-Klassifikation zu treffen und diese stichwortartig zu begründen.
Bewertet wird der „Grad der Veränderung“, d. h. die Abweichung der im Rahmen der Kartierung aktuell erhobenen Strukturen vom Leitbildzustand des jeweiligen morphologischen Fließgewässertyps in einer insgesamt siebenstufigen Klassifizierungsskala (Abb. 2, Tab. 2).
Strukturklasse |
Wertebereich |
Grad der Veränderung |
Kurzbeschreibung des Grads |
farbige |
1 |
1,0 - 1,7 |
unverändert |
Die Gewässerstruktur entspricht dem potenziell natürlichen Zustand |
dunkelblau |
2 |
1,8 - 2,6 |
gering verändert |
Die Gewässerstruktur ist gering beeinflusst durch einzelne, kleinräumige Eingriffe. |
hellblau |
3 |
2,7 - 3,5 |
mäßig verändert |
Die Gewässerstruktur ist mäßig beeinflusst durch mehrere kleinräumige Eingriffe |
grün |
4 |
3,6 - 4,4 |
deutlich verändert |
Die Gewässerstruktur ist deutlich beeinflusst durch verschiedene Eingriffe; z. B. in Sohle und Ufer, durch Rückstau und/ oder Nutzungen. |
hellgrün |
5 |
4,5 - 5,3 |
stark verändert |
Die Gewässerstruktur ist durch Kombinationen von Eingriffen, z. B. in die Linienführung, durch Uferverbau, Querbauwerke, Stauregulierung, Anlagen zum Hochwasserschutz und/oder Nutzungen in der Aue, beeinträchtigt. |
gelb |
6 |
5,4 - 6,2 |
sehr stark verändert |
Die Gewässerstruktur ist durch Kombinationen von Eingriffen, z. B. in die Linienführung, durch Uferverbau, Querbauwerke, Stauregulierung, Anlagen zum Hochwasserschutz und/oder Nutzungen in der Aue, stark beeinträchtigt. |
orange |
7 |
6,3 - 7,0 |
vollständig verändert |
Die Gewässerstruktur ist durch Eingriffe in die Linienführung, durch Uferverbau, Querbauwerke, Stauregulierung, Anlagen zum Hochwasserschutz und/oder durch Nutzungen in der Aue vollständig verändert. |
rot |
Für eine fünfstufige Bewertung, z. B. für eine vergleichbare Darstellung gemäß WRRL, ist Tabelle 3 zu verwenden.
Klasse |
Wertebereich |
farbige Kartendarstellung |
1 |
1,0 - 2,2 |
dunkelblau |
2 |
> 2,2 - 3,4 |
grün |
3 |
> 3,4 - 4,6 |
gelb |
4 |
> 4,6 - 5,8 |
orange |
5 |
> 5,8 |
rot |
Aggregation der Bewertung
Ergebnis der Bewertung ist eine Bewertung der Hauptparameter. Für die Hauptparameter 5 Uferstruktur und Hauptparameter 6 Gewässerumfeld wird hierbei zwischen linker und rechter Fließgewässerseite unterschieden.
In der Tabelle 4 sind mögliche alternative Aggregationen der Bewertung der Hauptparameter dargestellt. So können die HP 5 und 6 jeweils zu einer Gesamtbewertung des HP zusammengeführt werden oder die sechs bzw. acht Hauptparameterbewertungen werden zu den drei Bereichen Sohle, Ufer und Land zusammengeführt. Es können aber auch alle Hauptparameter zu einer Gesamtbewertung verrechnet werden.
Gewässerstrukturkarten
Strukturkarten zeigen als Ergebnis der Erhebung und Bewertung der Gewässerstruktur den morphologischen Zustand der untersuchten Gewässer in farbiger Banddarstellung, z. B. auf Grundlage von topographischen Karten.
Die Strukturkarte kann je nach Anwendungsbereich und Maßstab wahlweise verschiedene Bewertungsergebnisse darstellen (Abb. 3), z. B.:
- ausgewählte Einzelparameterbewertungen
- die sechs Hauptparameterbewertungen (sechs Einzelbänder bzw. acht (bei links-rechts-Unterscheidung) je Fließgewässer)
- die Bewertungen für Sohle, Ufer und Land (drei- bzw. fünfbändrige Darstellung (bei links-rechts-Unterscheidung) für ein Fließgewässer)
- die einbändrige Gesamtbewertung des Fließgewässers.
Die Banddarstellungen können durch Piktogramme für Singularitäten wie z. B. „Bauwerke“ ergänzt werden. Durch Rasterung oder Schraffur können Gewässer in Siedlungen gekennzeichnet werden.
Valmorph-Verfahren
Das Valmorph-Verfahren dient zur hydromorphologischen Erfassung und Bewertung der abiotischen Lebensraumvoraussetzungen schiffbarer Fließgewässer.
Das Valmorph-Verfahren wurde zur Unterstützung von Entscheidungsfindungen z. B. im Rahmen des Sedimentmanagements oder für Umweltverträglichkeitsuntersuchungen von der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) entwickelt. Es eignet sich aber auch als Monitoring-Tool für Effizienzkontrollen u. a. im Rahmen von Maßnahmenumsetzungen zur Gewässerentwicklung oder eines Gewässerausbaus. Mit Hilfe der detaillierten Erfassung und Bewertung können z. B. sehr gute und gute hydromorphologische Ausprägungen ausgewiesen werden, so dass schützenswerte Gewässerabschnitte identifiziert werden können. Aber auch Defizite und Lokalisationen für Verbesserungsmaßnahmen können so aufgezeigt werden. Ebenso können Maßnahmen (insbesondere auf der überregionalen und einzugsgebietsbezogenen Skala unter gleichzeitiger Beibehaltung detaillierter Ergebnisse) abgeleitet werden. Auch Prognose-Zustände verschiedener Maßnahmenszenarien können damit hydromorphologisch klassifiziert werden.
Die Verfahrensbeschreibung schildert einleitend in Kap. 1 den Geltungsbereich der schiffbaren Gewässer sowie Erläuterungen zum Verständnis der Hydromorphologie.
In Kap. 2 erfolgt die Verfahrensbeschreibung inklusive Ausführungen zu möglichen Raum-und Zeitskalen, erforderlichen Datengrundlagen, Erhebungen, Berechnungen, Klassifizierungen und Bewertungen, Aggregationsmöglichkeiten, potenziellen Anwendungsbereichen usw..
In Kap. 3 finden sich die detaillierten Dokumentationen der hydromorphologischen Indikatoren und ihrer Methoden zur Untersuchung und Bewertung. Die Vorstellung der Indikatoren erfolgt jeweils untergliedert in Definition, Methode und durchzuführende Bewertung einschließlich entsprechender Berechnungsformeln. Es werden alle erforderlichen, relevanten Inhalte von den notwendigen Daten, deren Analysen bis zur Bewertung mit Hilfe einer jeweils entsprechenden Bewertungsmatrix dokumentiert. Teilweise finden sich auch Fallbeispiele zur Veranschaulichung der Vorgehensweisen.
Weiterhin enthält die Verfahrensempfehlung eine Diskussion der Unsicherheiten sowie eine Zusammenfassung.
Erfassung
Die großen und schiffbaren Gewässer werden anhand von Messpunkten, Messquerschnitten und/oder flächigen Datenerhebungen erfasst und analysiert. Durch den Einsatz quantitativer Daten resultiert ein hoher Grad an Detailgenauigkeit für die Wasserstraßen.
Das Valmorph-Verfahren basiert auf zehn repräsentativen hydromorphologischen Indikatoren (sogenannten „Zeiger-Parametern“), die in der WRRL benannt werden und darüber hinaus einen relevanten Sediment- und Habitatbezug aufweisen (Breitenvariation, Sedimentdurchgängigkeit, Tiefenvariation, Mittlere Sohlhöhenänderung, Schwebstoffhaushalt, Sohlsubstrat, Uferstruktur, Flächenänderungen der eulitoralen Zone, Flächenanteil überflutbarer Auen sowie Sohl- und Auenstrukturen). Die Ausprägung dieser Indikatoren wird mit Hilfe eindeutig parametrisierter Methoden ermittelt.
Die Indikatoren spiegeln die jeweiligen abiotischen Gegebenheiten des Untersuchungsgewässers bezüglich der hydrologisch/hydraulischen, sedimentologischen und strukturellen Charakteristik und deren Wirkungszusammenhänge wider. Hinsichtlich der hydrologisch/hydraulischen Rahmenbedingungen berücksichtigen die Indikatoren bei der Ermittlung ihrer Ausprägungen z. B. die Einbeziehung verschiedener Abflussszenarien, Wasserspiegellagenentwicklungen, Oberwasserabflüsse, Tidezykluszeitpunkte, Sohlschubspannungen usw..
Bewertung
Das Verfahren arbeitet mit einem fünfstufigen Klassifizierungs- und Bewertungssystem und ist für sämtliche Oberflächengewässerkategorien sowie für alle Gewässertypen schiffbarer Fließgewässer anwendbar.
Die Bewertung erfolgt ausgehend vom jeweiligen Grad der Übereinstimmung bzw. Abweichung vom Vergleichs-Zustand, der als Berechnungs- und Bewertungsgrundlage fungiert und für natürliche Gewässer (NWB), erheblich verändert (HMWB) und künstlich (AWB) ausgewiesene Gewässer unterschiedlich definiert ist. Durch das Arbeiten mit quantitativen Daten, die der jeweiligen indikatorbezogenen Bewertungsmatrix zugeordnet werden, sind konkrete gewässertypspezifische Schwellenwerte ableitbar.
Hydromorphologische Karten
Für schiffbare Gewässer wird i. d. R. die Bildung und Beibehaltung aggregierter gleich langer Abschnitte von 5 km Länge je Indikator empfohlen, um detaillierte räumliche Zuordnungen und entlang längerer Fließstrecken geeignete Vergleiche untereinander zu ermöglichen sowie Trends erkennen zu können. Die Ergebnisse können jedoch auch unter Beibehaltung der 100 m und 1 km-Kartierabschnitte oder bei Bedarf jeweils für Wasserkörper, überregionale Gewässerabschnitte (z. B. entlang von Tiefenerosionsstrecken) bis hin zum gesamten Gewässerverlauf und Gesamtsystem für die verschiedenen räumlichen Skalen visualisiert werden.
Neben den variablen räumlichen Skalen sind auch variierende Zeitskalenbetrachtungen möglich und jeweils einander gegenüberstellbar (z. B. als Epochenvergleiche oder Zeitschnitte).