Bewertung ökologischer Zustand

Bei dem Bewertungsverfahren PHYLIB für Makrophyten und Phytobenthos in Seen handelt es sich um ein modular aufgebautes Verfahren. Die beiden Teilkomponenten Makrophyten und Diatomeen werden zunächst einzeln bewertet und schließlich zu einer Gesamtbewertung verrechnet.

Berechnung des Referenzindex

Die Teilkomponente Makrophyten basiert auf der Erfassung des Unterschiedes zwischen der vorgefundenen Biozönose mit dem Arteninventar im Referenzzustand. Dieser Unterschied wird durch die Berechnung des Referenzindex ermittelt. Hierfür werden die aquatisch vorkommenden Arten Gewässertypspezifisch in drei Gruppen unterteilt:

Artengruppe A enthält Arten, die an Referenzstellen dominieren und somit als typspezifisch bezeichnet werden können. Mit fortschreitender Gewässerbelastung nimmt der Anteil dieser Arten ab.

Die im Gelände ermittelten Pflanzenmengen werden zuerst in Quantitäten umgewandelt (Pflanzenmenge³ = Quantität). Die Quantitäten der Arten werden für jede Artengruppe über alle Tiefenstufen aufsummiert. Die Berechnung des Referenzindex erfolgt anhand folgender Formel:

Artengruppe B umfasst alle Taxa mit weiter ökologischer Amplitude sowie solche mit Schwerpunkt im mittleren Belastungsbereich. An vollständig unbelasteten Stellen kommen diese neutralen Arten gemein­sam mit Arten aus Gruppe A vor, an stark degradierten Stellen zusammen mit Arten der Gruppe C.

In Artengruppe C werden Störzeiger zusammengefasst, die einen deutlichen Verbreitungsschwerpunkt an degradierten Standorten zeigen und höchstens in geringen Mengen an den Referen­zstellen auftreten.

Die im Gelände ermittelten Pflanzenmengen werden zuerst in Quantitäten umgewandelt (Pflanzenmenge³ = Quantität). Die Quantitäten der Arten werden für jede Artengruppe über alle Tiefenstufen aufsummiert. Die Berechnung des Referenzindex erfolgt anhand folgender Formel:

Abbildung Formel zur Berechnung des Referenzindex  

RI = Referenzindex
QAi = Quantität des i-ten Taxons aus Gruppe A
QCi = Quantität des i-ten Taxons aus Gruppe C
Qgi = Quantität des i-ten Taxons aller Gruppen
nA = Gesamtzahl der Taxa aus Gruppe A
nC = Gesamtzahl der Taxa aus Gruppe C
ng = Gesamtzahl der Taxa aller Gruppen

Zusatzkriterien

Der Referenzindexwird ergänzt durch einige gewässertypspezifische Zusatzkriterien die mit dem Referenzindex verrechnet werden. Erst der Endwert, der "korrigierte Referenzindex", der nach der Einbeziehung aller Zusatzkriterien entsteht, wird für die Gesamtbewertung von Seen und die Verrechnung des Teilmoduls Makrophyten mit der Diatomeenbewertung verwendet.

Das Zusatzkriterium „mittlere untere Vegetationsgrenze“ (UMG) spiegelt die Sichttiefen während der Vegetationsperiode wider und zeigt somit mögliche Eutrophierung in Gewässern an. Es berechnet sich als Mittelwert aus den an allen Transekten eines Oberflächenwasserkörpers ermittelten Vegetationsgrenzen. Entspricht die UMG nicht dem Leitbild des Gewässertyps wird der Index abgewertet.

Dabei gehen nur die Werte ein, die plausibel sind. D. h. UMG-Werte, die z.B. auf Grund morphologischer Besonderheiten oder auch natürlicherweise hoher Trübung nicht der möglichen Besiedlungstiefe entsprechen, werden in der Mittelwertberechnung nicht berücksichtigt. Bei Talsperren mit hohen Wasserstandsschwankungen darf das Zusatzkriterium „UMG“ nicht angewendet werden.

Das Zusatzkriterium "Dominanzbestände" weist auch auf trophische Belastung hin. In stark nährstoffbelasteten Gewässern finden sich oftmals große Bestände einzelner eutraphenter Arten, die in geringeren Vorkommen durchaus zur natürlichen Biozönose gehören können.

Abhängig vom Gewässertyp führen hohe Anteile (mind. 80 % Quantität) eines der folgenden Taxa deshalb zur Abwertung des Indexwertes:

  • Elodea canadensis/ nuttallii/ spec.,
  • Myriophyllum spicatum,
  • Najas marina subsp. intermedia,
  • Potamogeton pectinatus,
  • Ceratophyllum demersum,
  • Ceratophyllum submersum

Das Zusatzkriterium "Versauerung" ist für silikatisch geprägte Gewässer der Mittelgebirge und des Tieflandes, deren Leitbild nicht dem sauren Zustand entspricht (Makrophytentyp: MTS-s), relevant. Hier geht der Anteil von Versauerungsindikatoren mit in die Bewertung ein. Hohe Abundanzen der Taxa Juncus bulbosus und Sphagnum spec. zeigen niedrige pH-Werte an und bewirken deshalb eine Abwertung des Indexes.

Gesicherte Bewertungsergebnisse

Um gesicherte Bewertungsergebnisse zu erhalten muss die Summe aller Quantitäten die für jede aquatische Art und jede Tiefenstufe ermittelt wurden (Gesamtquantität) an einer Probestelle mindestens 55 betragen. Unterhalb einer Gesamtquantität von 55 gilt der Index als nicht gesichert. Liegt der Anteil von Nuphar lutea, Nymphaea alba und Persicaria amphibia an der Gesamtquantität bei 80% oder mehr, gilt der Index ebenfalls als nicht gesichert. Er kann dann nur als Tendenz bzw. zur Unterstützung bei der Bewertung mit anderen Organismengruppen herangezogen werden.

Erreicht der Anteil der nicht in Artengruppe A, B oder C eingestuften Arten mindesten 25 % (z. B. durch ein zu geringes Bestimmungsniveau), so gilt die Bewertung ebenfalls als nicht gesichert.

Makrophytenverödung

Wurden in einem Wasserkörper nicht genügend aquatische Wasserpflanzen für eine gesicherte Bewertung gefunden ohne dass es hierfür plausible natürliche Ursachen gibt, so muss die Möglichkeit einer Makrophytenverödung geprüft werden. Liegt eine Makrophytenverödung vor, so wird der RI-Wert auf -100 gesetzt, die Teilkomponente Makrophyten ergibt dann eine gesicherte Bewertung der ökologischen Zustandsklasse fünf.

Skalierung des Referenzindexes

Vor der Verrechnung mit dem Modul Diatomeen und der Ermittlung der Zustands-/Potentialklasse wird der durch die Zusatzkriterien korrigierte Referenzindex auf eine Skala von 0 bis 1 skaliert:

Abbildung Formel Skalierung des Referenzindexes  

MMPS = Modul Makrophytenbewertung
RI = korrigierter Referenzindex

Der Wert „1“ entspricht dabei dem bestmöglichen ökologischen Zustand / höchstem ökologischem Potenzial im Sinne der WRRL. „0“ dagegen höchste Degradation des Gewässers, d. h. Zustands-/Potenzialklasse 5.

Ermittlung der ökologischen Zustandsklasse einer Messstelle

Die WRRL sieht die gesamte Organismengruppe Makrophyten & Phytobenthos als eine der vier biologischen Komponenten zur Bewertung des Gewässerzustandes. Ist nur das Modul Makrophyten gesichert bewertbar, so kann die ökologischen Zustandsklasse einer Messstelle allerdings auch allein aus diesem Modulwert ermittelt werden (Tab. 1 und 2).

Die Zuordnung des Makrophyten-Phytobenthos-Index zu den ökologischen Zustandsklassen erfolgt gewässertypspezifisch anhand der in der Verfahrensanleitung sowie der PHYLIB-Software angegebenen Tabellen.

Tab. 1: Klassengrenzen natürlicher Gewässer der Alpen und des Alpenvorlandes wenn nur das Modul Makrophyten gesichert bewertbar ist.

Abbildung Tabelle Klassengrenzen natürlicher Gewässer der Alpen und des Alpenvorlandes wenn nur das Modul Makrophyten gesichert bewertbar ist

 

Tab. 2: Klassengrenzen künstlicher und erheblich veränderter Gewässer der Alpen und des Alpenvorlandes wenn nur das Modul Makrophyten gesichert bewertbar ist.Abbildung Klassengrenzen künstlicher und erheblich veränderter Gewässer der Alpen und des Alpenvorlandes wenn nur das Modul Makrophyten gesichert bewertbar ist.

Das ökologische Potenzial nach WRRL wird in vier Klassen angegeben, wobei die erste Klasse (grün unterlegt) die Stufe „gut und besser“ bedeutet. In der Tabelle 2 wurde diese erste Klasse mit einer Grenze zwischen 1 und 2 angegeben. Diese Unterteilung ist rein informativ, deshalb sind die mit den Zahlen 1 und 2 bezeichneten Zeilen beide mit der von der WRRL für diese Stufe vorgegebenen Farbe grün markiert.

Gesamtbewertung des Wasserkörpers

Zur Bewertung des gesamten Wasserkörpers werden die ökologischen Zustandsklassen sämtlicher Stellen eines Oberflächenwasserkörpers arithmetisch gemittelt. Dabei dürfen nur gesicherte Ergebnisse berücksichtigt werden. Die Bewertung eines Wasserkörpers gilt als gesichert, wenn mindestens 50 % aller Transekte eine gesicherte Bewertung aufweisen.

 


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