Probenahme und Aufbereitung

Probenahme

Beprobungszeitraum

Für die See-Bewertung mit Phytoplankton sind mindestens sechs Probenahmen pro Jahr in der Vegetationsperiode von März/April bis Oktober/November vorzusehen, wobei mindestens vier Untersuchungstermine im Zeitraum Mai bis September liegen sollen.

Auswahl der Probestelle

Über dem tiefsten Punkt des Sees sollen von einem Boot aus mit einem Wasserschöpfer Planktonproben entnommen werden. Zum Auffinden der richtigen Stelle sind Tiefenkarten wichtig. Vor jeder Untersuchung sollte eine Überprüfung mit Echolotung oder Lotung und ggf. GPS erfolgen. Für Langzeituntersuchungen ist eine Bojen-Markierung zu empfehlen.

Probenahme

Wasserschöpfer

Optimal ist die Verwendung eines Tiefen-Integralschöpfers, welcher beim Durchfahren der Wassersäule kontinuierlich und automatisch eine Mischprobe der gesamten Wassersäule entnimmt. Alternativ können Punktproben, je nach Tiefe des Sees in Schritten von 1 m (polymiktische Seen) oder maximal 2 Metern (tiefe Seen) zu einer Mischprobe vereinigt werden. Hierzu sind verschiedene Wasserschöpfer wie Röhren- oder Schlauch-Sampler (s. Abb. 1) geeignet.

Abb. 1: Links: Tiefenintegrierender Probennehmer. Rechts: Friedinger-Schöpfer zur Entnahme von Tiefenstufenproben (Fotos: Eberhard Hoehn)


Tiefenprofil

Vor der Probenahme ist festzustellen, welchem Schichtungstyp das zu untersuchende Gewässer zugeordnet wird, da sich die Probenahme bei geschichteten (di- und monomiktischen) und weitgehend ungeschichteten (polymiktischen) Seen unterscheidet. Ein See gilt als geschichtet, wenn mit regelmäßigen Temperaturmessungen im Tiefenprofil und Jahresgang eine durchgehende Schichtungsperiode von mehr als drei Monaten festgestellt wurde.

Vor Beginn der Probenahme wird die Sichttiefe mit einer weißen Scheibe (Secchi-Scheibe) gemessen, für die nach ISO 7027-2:2016 ein Durchmesser von 20 cm empfohlen wird (für sehr hohe Sichttiefen > 10 m können größere Scheiben verwendet werden). Sie wird an einem Maßband so lange in die Tiefe abgelassen bis sie gerade nicht mehr sichtbar ist und dann wieder angehoben bis man die Scheibe gerade wieder erkennt. Aus diesen beiden Werten wird ein Mittelwert gebildet. Die so ermittelte Tiefe ist die sogenannte Secchi-Sichttiefe. Zur Ausschaltung von störenden Reflektionen sowie bei bewegter Wasseroberfläche ist zur Verbesserung der Erkennbarkeit der Scheibe ein Secchiskop – eine Sichtröhre mit Glasboden ‑ zu verwenden. Der Tiefenbereich bis zur 2,5fachen Secchi-Sichttiefe ist der Bereich, in dem das Phytoplankton gut wachsen kann. Er wird als euphotische Zone, seine untere Grenze als euphotische Tiefe bezeichnet.

Anschließend werden mit Messsonden in festen Tiefenschritten (0,5 oder 1 m) zumindest die Temperaturwerte ermittelt. Weitere relevante Sondenparameter sind Sauerstoffgehalt, elektrische Leitfähigkeit, pH-Wert, Redoxpotenzial und Chlorophyll-a-Konzentration. Es können Tiefenprofile erstellt werden, anhand derer eine Temperaturschichtung, Sauerstoff-Defizite oder Tiefenchlorophyll-Maxima (DCM = deep chlorophyll maximum) festgestellt werden können.

Abb. 2: Isoplethendarstellung der Temperatur aus regelmäßig gemessenen Tiefenprofilen in einem temperaturgeschichteten See. Linke y-Achse m ü. NN, rechte y-Achse Seevolumen in Gigalitern (GL), (Foto: LBH Freiburg).

Probenahme polymiktische Seen

Ungeschichtete oder polymiktische Seen sind über das ganze Jahr hinweg bis zum Grund durchmischt. Lediglich in stabilen Wetterlagen können kürzere Phasen der Temperaturschichtung auftreten. In polymiktischen Seen erfolgt die Probenentnahme stets aus der gesamten Wassersäule bis etwa 1 m über Grund, maximal bis in eine Tiefe von 6 m. Trifft man den See z. B. im Hochsommer in einer Phase mit Temperaturschichtung an, so wird die Probenahme dennoch unverändert durchgeführt.

Probenahme geschichtete Seen

In geschichteten Seen ist die "richtige" Probenahmetiefe differenzierter zu ermitteln:

Um in geschichteten Seen die Mächtigkeit der oberen durchmischten Schicht, des Epilimnions, festzustellen, wird das Temperatur-Tiefenprofil herangezogen. Wenn sich die Temperatur in der Tiefe schnell abkühlt und die Temperaturänderung 1°K pro Meter überschreitet, liegt eine sog. Sprungschicht vor. Die Zone bis zur Sprungschicht wird als Epilimnion bezeichnet, die Zone der starken Temperaturänderung als Metalimnion und die kühle, in der Temperatur wieder konstantere, darunter liegende Schicht als Hypolimnion.

Während der Vollzirkulation mit Temperaturausgleich bis zum Grund ‑ meist im Zeitraum von Herbst bis Frühjahr ‑ soll die Probe aus der durchmischten Schicht bis zur mittleren Tiefe des Sees stammen, jedoch bis maximal 10 m Tiefe, in sehr tiefen Seen mit maximal 20 m Tiefe.

Während der Phase der Temperaturschichtung sind folgende Fälle zu unterscheiden:

  • In eher trüben Seen ist das Epilimnion zu beproben. Die euphotische Zone oder -Tiefe (2,5fache Secchitiefe) liegt innerhalb des Epilimnions.
  • In klaren Seen, in denen die euphotische Zone über das Epilimnion hinausgeht und in die Sprungschicht oder sogar ins Hypolimnion hineinragt, muss die Wassersäule bis zur euphotischen Tiefe beprobt werden.

Es gilt also: Die "tiefere" Kenngröße (Epilimniontiefe oder euphotische Tiefe) gibt die Probenahmetiefe für die Mischprobe an.

Es ist darauf zu achten, dass die Probenahme nicht in ein sauerstoffreies, durch Schwefelwasserstoffbildung oder Nährstoffrücklösung geprägtes Hypolimnion hineinreicht und mindestens einen Meter darüber endet. Ausgeprägte Tiefenchlorophyll-Maxima sollen ebenfalls erfasst werden. Um diese festzustellen, muss allerdings eine Chlorophyll-Sonde (Fluoreszenzsonde) im Einsatz sein. Diese und weitere Details sowie Spezialfälle der Probenahme sind in der Methodenbeschreibung von Nixdorf et al. (2010) und der Europäischen Norm DIN EN 16698 differenziert beschrieben.

Aus der so gewonnenen Mischprobe wird in der Regel sowohl die Phytoplanktonprobe als auch die chemische Probe für die Chlorophyll a-Bestimmung und ggf. weitere chemische Parameter (z. B. Gesamtphosphor) entnommen.

Probenahme für die Anwendung des Diatomeenindex Profundal (DI-PROF): Die sich über das Jahr im Plankton entwickelnden Kieselalgen (Diatomeen) sinken aufgrund des Gewichts ihrer Schalen auf den Seeboden ab. Am Ende des Jahres befinden sich die Schalen in einer halbflüssigen, oben aufschwimmenden Sedimentschicht und die Probe (ca. 10 ml) wird mit einem Röhrensammler (Kajak-Corer) genommen. Die so ermittelten Kieselalgenbefunde können mit dem Index DI-PROF zur Trophiebewertung herangezogen werden, welcher in den PhytoSee-Index eingerechnet werden kann.

Probenanzahl und Fixierung

An jedem Probenahmetermin sind aus der Mischprobe mindestens zwei Teilproben (1. und 2.) und zusätzlich fakultativ eine Diatomeenprobe (3.) herzustellen:

Abb. 3: Glasflasche mit Lugol-fixierter Probe (Foto: IGB).

1. Chlorophyll a-Probe: 0,5-2 Liter (je nach Algendichte) unfixiert in PET-Flaschen, Transport ins Labor dunkel und kühl. Dort Weiterbehandlung.

2. Phytoplanktonprobe: Lugol-fixiert für die Analyse nach Utermöhl-Methodik, Gefäß: 100 ml-Klarglas-Enghalsflasche, im Labor: bei gekühlter und luftdichter Lagerung mindestens für ein halbes Jahr haltbar.

3. Diatomeenprobe (fakultativ) für die spätere Herstellung eines Diatomeenpräparats. Die Wahl der Fixierungsmethode sollte sich an den erforderlichen Lagerzeiten und –möglichkeiten orientieren, s. hierzu Abschnitt " Aufbereitung der planktischen Kieselalgen (Diatomeenpräparat)"

  • Variante "Filterprobe"(empfohlen): 1 Liter (je nach Algendichte) unfixiert in PET-Flasche, Transport ins Labor dunkel und kühl. Dort Filtrierung. Bei mobiler Filtriermöglichkeit (Handfiltriergerät): 100-1.000 ml Probe (je nach Algendichte, deutliche Färbung des Filters erforderlich) werden über Cellulosenitrat-Membranfilter (0,4-1,0 µm) filtriert. Die Filter werden in Plexiglas-Petrischalen gelagert und müssen bis zur endgültigen Lagerung noch Luft-getrocknet werden.
  • Variante "Alkoholprobe" (empfohlen, jedoch kürzere Lagerzeit): Die Vorfixierung der Probe erfolgt vor Ort mit 96%igem Ethanol (unvergällt) oder Isopropanol. 0,9 Liter Probe wird in eine 1 Liter Kautexflasche gefüllt und mit Alkohol aufgefüllt, d. h. im Verhältnis 1:9 vorfixiert. Weiteres Einengen und Nachfixieren im Labor.
  • Variante "Lugolprobe": 500 ml Probe (je nach Algendichte oder Notwendigkeit einer Rückstellprobe auch 200-1.000 ml möglich) wird mit handelsüblicher Lugol-Lösung (versetzt mit Natriumacetat) in 500 ml-Klarglas-Enghals-Flaschen fixiert bis die Probe cognacfarben ist (ca. 4 ml Lugol pro 200 ml Probe). Zunächst keine Weiterbehandlung im Labor, bei gekühlter und luftdichter Lagerung mindestens für ein halbes Jahr bis maximal ein Jahr haltbar.

Aufbereitung

Chlorophyll-a-Proben

Die Chlorophyll a-Konzentration (Chl a) einer Wasserprobe wird meist spektralphotometrisch gemessen. Sie korreliert mit der Biomasse des enthaltenen Phytoplanktons, da alle Arten dieses Pigment zur Photosynthese nutzen. Die Wasserproben müssen noch am Probenahmetag mit einer Vakuumpumpe auf einen Glasfilter filtriert werden. Der Filterrückstand enthält die Algen und deren Pigmente.

Abb. 4: Laboreinrichtung zur Filtration von Chlorophyll-a Proben auf Glasfaserfilter (Foto: IGB).

Die Bestimmung der Chlorophyll-a-Konzentration nach der Norm (DIN 38409-H60 2017) beruht auf der ethanolischen Heißextraktion des Filterrückstands einer Wasserprobe und der anschließenden Absorptionsmessung bei 665 nm. Hier werden Phaeopigmente – photosynthetisch nicht mehr wirksame Abbauprodukte des Chlorophylls ‑ miterfasst. Nach Überführung des gesamten Chlorophyll-a in Phaeopigmente durch Ansäuerung wird eine erneute Messung bei 665 nm durchgeführt. Somit kann rechnerisch auf die ursprüngliche Chlorophyll-a-Konzentration der Wasserprobe rückgeschlossen werden. Im Messwert des Chlorophyll-a nach DIN sind die Phaeopigmente nicht mehr enthalten.

Phytoplanktonprobe nach der Utermöhl-Methode

Ziel der mikroskopischen Analyse ist die Bestimmung des Biovolumens des Phytoplanktons. Die Analyse des Phytoplanktons erfolgt an einem Umkehrmikroskop. Dafür werden die Phytoplankter einen Tag zuvor in Absetzkammern angereichert (s. Abb. 5).

Für die Mikroskopie werden die Phytoplankter einen Tag zuvor in Absetzkammern angereichert. Da die Zellkonzentration in Abhängigkeit von der Artenzusammensetzung und der Saison sehr stark schwanken kann, sind Orientierungswerte zur Auswahl des benötigten Absetzvolumens sowie die Chlorophyll a-Konzentration (Chl a) der Probe hilfreich. In der Verfahrensanleitung (Riedmüller et al. 2022) sind Beispiele mit Orientierungswerten genannt.

Abb. 5: Geeichte Absetzkammer mit verschieden großen Aufsätzen (Foto: IGB).

Phytoplanktonprobe Kieselalgen (Diatomeenpräparat)

Für die weitere Konservierung oder Weiterverarbeitung der Proben stehen je nach Fixierungsmethode im Gelände mehrere Varianten zur Verfügung. Die Wahl der passenden Methode richtet sich auch danach, wie lange die Probe bis zur endgültigen taxonomischen Bearbeitung gelagert werden muss. Weitere Details in Nixdorf et al. (2010).

Variante "Filterprobe": Zeitnah zur Probenahme bzw. möglichst am selben Tag ist das in der Regel 1 Liter unfixierte Probenvolumen auf Cellulosenitrat-Membran­filter zu filtrieren. Nach anschließender Lufttrocknung können die Filter in Plexiglas-Petrischalen ohne Konservierungsmittel längere Zeit aufbewahrt werden.
Anmerkung: Celluloseacetatfilter haben sich nicht bewährt, da diese beim späteren Aufschluss unter heißer Säure und H2O2 verklumpen. Ebenfalls ungeeignet ist die Verwendung von Glasfaserfiltern. Diese hinterlassen beim späteren Aufschluss eine hohe Zahl von Glasfasern, die das mikroskopische Bild der Algen überlagern und damit eine zuverlässige Bearbeitung unmöglich machen.
Diese Art der Konservierung ist für Lagerzeiten bis deutlich über ein Jahr geeignet.

Variante "Alkoholprobe": Das vorfixierte Probenmaterial muss im Labor 2-3 Tage in der Kautexflasche absedimentieren. Der Überstand wird anschließend vorsichtig mit einer Wasserstrahlpumpe abgesaugt. Der aufgeschüttelte Rückstand wird in dicht schließende Flaschen abgefüllt und mit 96%igem Ethanol/Isopropanol (unvergällt, d. h. kein Brennspiritus!) im Verhältnis 1:5 nachfixiert. Ein Gesamtvolumen von 100 ml Diatomeen-Suspension ist ausreichend. Zur taxonomischen Bestimmung muss ein Diatomeenpräparat mit Probenaufschluss mittels Wasserstoffperoxid angefertigt werden.
Diese Art der Konservierung ist für Lagerzeiten bis rund 6 Monate geeignet. Kühlung (4-8°C) verlängert die mögliche Lagerzeit.

Variante "Lugolprobe": Sind nur Lugol-fixierte Proben verfügbar, muss das jodhaltige Fixierungsmittel vor dem Aufschluss der Diatomeen folgendermaßen ausgewaschen werden: Die Proben werden mindestens 2 Tage zur Absedimentierung stehen gelassen. Der Überstand wird mit einer Wasserstrahlpumpe abgesaugt und mit H2O dest. auf ca. 250 ml aufgefüllt. Dieser Auswaschvorgang wird noch zweimal wiederholt. Anschließend kann die Probe zur Analyse aufgeschlossen werden.
Diese Art der Konservierung ist mit Kühlung von 4-8°C für Lagerzeiten bis 6 Monate bis ggf. maximal ein Jahr geeignet. Lugol-fixierte Proben dürfen nicht in Plastikflaschen aufbewahrt werden, da das Jod des Fixiermittels von der Flaschenwandung aufgenommen und die Fixierung dann abgeschwächt wird. Zudem kann die Kontrolle der Färbung der Probe (Cognac-farben) wegen der Durchfärbung der PE-Flaschenwände nicht mehr stattfinden.


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